Montag, den 13. Juli 2015 11:16 Alter: 5 Jahr(e)

Edenkoben – Radeburg: Eine Partnerschaft fröhlichen Menschenschlags

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Über den Feierlichkeiten zum Jubiläum der Partnerschaft stand der Wunsch, diese mit neuem Leben zu erfüllen, denn in den letzten Jahren war es etwas still geworden in den Beziehungen. Bei der Festveranstaltung in der Aula der Heinrich-Zille-Oberschule wurde auf abwechslungsreiche Zeiten zurückgeblickt, besonders an die gegenseitigen Besuche zu den Weinfesten erinnert man sich auf beiden Seiten gern.

Der Chor des Kultur- und Heimatvereins bei der Festveranstaltung in der Aula der Zilleschule.
Der Chor des Kultur- und Heimatvereins bei der Festveranstaltung in der Aula der Zilleschule.

Die Projektgruppe der 9. Klasse bekam viel Applaus für das Musical „Rock it“.
Die Projektgruppe der 9. Klasse bekam viel Applaus für das Musical „Rock it“.

Schulleiter Michael Ufert als Hausherr und Bürgermeisterin Michaela Ritter begrüßten zu Beginn der Veranstaltung die Delegation aus der Pfalz, die von Bürgermeister Werner Kastner, der 1. Beigeordneten Angelika Fesenmeyer und der Beigeordneten Helga Vogelgesang angeführt wurde. Mit dabei war auch Stadtrat Dr. Wolfgang Heil, der sich auf Edenkobener Seite über viele Jahre um die Pflege der Partnerschaft verdient gemacht hat, ebenso wie auf Radeburger Seite Ex-Bürgermeister Jürgen Gross und Christina Koch, die ebenfalls zu den Gästen der Veranstaltung gehörten.

Leider fehlte aus gesundheitlichen Gründen Pfarrer i.R. Martin Koch, der Initiator der Städtepartnerschaft. Wenn man heute fragt – warum gerade Radeburg und warum gerade Edenkoben, dann war der einfache Grund dafür, dass Pfarrer Koch seit der Schulzeit mit dem späteren Landauer Regierungsdirektor Peter Eisold befreundet war und beide auch in den Zeiten des geteilten Deutschland Kontakt hielten. Deshalb sei über das Zustandekommen der Städtepartnerschaft hier aus Kochs Erinnerungen zitiert, die er in der Opens external link in new window Ausgabe 11 des Radeburger Anzeigers im Jahr 1994 veröffentlichte, bei dem Radeburgs Runder Tisch eine besondere Rolle spielen sollte. Dieses Gremium wurde im Januar 1990 gegründet. Es trat zu seinen Sitzungen im Pfarrhaus zusammen. Die Parteien entsandten je 3 Vertreter und dazu kamen 6 parteilose Bürger. Es ging um die Schaffung demokratischer Strukturen in der Stadt. Rat und Hilfe waren vor allem beim Aufbau einer kommunalen Selbstverwaltung gefragt, aber auch bei der Schaffung eines demokratischen Schulwesens und bei der Überführung zum Beispiel von Sportgemeinschaften in Vereine nach bürgerlichem Recht, so lag es auf der Hand, sich Partner im Westen zu suchen, die einem dabei helfen konnten.

Pfarrer Koch schrieb: „Von den Beschlüssen des Runden Tisches ist es ein Beschluß, der bis heute nachwirkt: die Partnerschaft mit Edenkoben. Im Januar 1990 wurde diese Idee mit dem Leitenden Regierungsdirektor Peter Eisold aus Landau bei einer guten Flasche Pfälzer Wein bei mir im Wohnzimmer geboren. Als Partnerstadt für Radeburg suchten wir eine Stadt, etwa so groß wie Radeburg. Ein guter Wein sollte dort wachsen, und die Menschen sollten fröhlich und aufgeschlossen sein. Wir zogen einige Orte der Pfalz in Betracht und kamen dann auf Edenkoben. … Über Herrn Dr. Heil, einem Parteifreund von Eisold und den Apotheker Luckenbach wurden die ersten Kontakte zur Stadt Edenkoben geknüpft. … Bürgermeister Schmidt von Edenkoben besuchte mich im April 1990 und wir sprachen alles durch. Zu dieser Zeit war über Herrn Aust noch eine andere Stadt aus dem Württembergischen als Partnerstadt mit im Gespräch. Da wären Fördermittel durch das Land geflossen, die Edenkoben für die Partnerschaftsbeziehungen nie erhielt. Die Pfalz hat Thüringen als Partnerland. Sachsen Württemberg. Radeburg tanzt mit Edenkoben da aus der Reihe, weil wir schneller waren als die Länder.“

Über Dr. Heil (FDP) wurden dann auch Kontakte zur Radeburger Schwesterpartei, dem überwiegend aus der LDPD und der NDPD hervorgegangenen Bund Freier Demokraten geknüpft. Hauptakteur auf Radeburger Seite war von da an Jürgen Gross. Er ging im Juni 1990 aus den seit einem halben Jahrhundert ersten freien Wahlen als Bürgermeister hervor. Folgerichtig wurden im Juni jeweils Stadtratsbeschlüsse gefasst, eine Städtepartnerschaft einzugehen. „Dem Besuch einer 49köpfigen Edenkobener Delegation vom 14. bis 16. September 1990 mit Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde folgte der Gegenbesuch von rund 130 Radeburgern im November des gleichen Jahres. Für viele Radeburger war dieser Besuch – unmittelbar nach der Wiedervereinigung – die erste Visite im Westen Deutschlands,“ erinnerte sich Bürgermeister Werner Kastner in seiner Festansprache. Christina Koch erinnerte sich: „Ja, mit vier Bussen waren wir damals unterwegs.“ Nachdem die Partnerschaft besiegelt war, leisteten Stadt und Verbandsgemeinde Edenkoben die dringend gewünschte Unterstützung beim Aufbau der Verwaltung. Edenkoben reaktivierte dazu Alt-Bürgermeister Theo Bollenbach, der als Verwaltungsspezialist nach Radeburg kam und beim Umbau des Rates der Stadt zur Radeburger Stadtverwaltung maßgebliche Hilfe leistete. Zur Hilfe gehörte auch, dass Angestellte der Radeburger Verwaltung in der Verbandsgemeinde hospitieren konnten.

Aber das war nur die eine Seite. Die andere war die zwischenmenschliche. So ging dann ein Raunen durch den Saal und Schmunzeln war auf allen Gesichtern zu sehen, als Werner Kastner auf die Rolle des Weins bei der Städtepartnerschaft zu sprechen kam. Weinproben mit dem Radeburger Stadtrat und Vorsitzenden der Radeburger Vereine im „Hirsch“ stehen an der Spitze der Erinnerungen an diesen Teil der Beziehungen. Diese waren auch Auslöser für die Idee, alljährlich in Radeburg ein „Edenkobener Weinfest“ zu veranstalten. Vor allem die damalige Stadtverordnete Christina Koch sowie Gerda und Klaus Schiefner sind hier zu nennen, die „ihre“ Turnerfrauen dafür begeisterten, die Organisation der Veranstaltung zu übernehmen. Für Radeburger wurde es auch zu einer Selbstverständlichkeit, das große Edenkobener Fest, die Owwergässer Winzerkerwe, zu besuchen oder den Erlebnistag Deutsche Weinstraße. Schon im Juni 1990 war Kurt Georg, als Parteifreund von Jürgen Gross über die Entwicklungen bestens im Bilde, als Heinrich Zille bei der Winzerkerwe dabei. Darüber hinaus gab es die vielfältigsten Begegnungen, zum Beispiel die Kulturfahrten des Edenkober Liedensembles, die Teilnahme von Edenkobener Sportlern an Turnieren in Radeburg und umgekehrt, gegenseitige Besuche von Jugendgruppen usw.

Ein besonderer Höhepunkt der Partnerschaft war die Präsentation der beiden Städte im NATO-Hauptquartier in Brüssel 1991. Werner Kataster erinnert sich in der Festrede: „Es ging damals darum, Kommunen aus Ost und West zu präsentieren, die unmittelbar nach der Wende Städtepartnerschaften eingegangen waren. Zwar waren Edenkoben und Radeburg die mit Abstand kleinsten Orte, die das vereinigte Deutschland repräsentierten, aber unsere Präsentation und die Art der Selbstdarstellung waren derart interessant, dass wir selbst neben der Weltstadt Berlin bestehen konnten. Jedenfalls machten die Bürgermeister Jürgen Gross und Franz Schmidt, zwei Weinprinzessinnen und meine Wenigkeit dem Publikum eindrucksvoll deutlich, dass es auch in kleinen Orten ein reichhaltiges touristisches Angebot gibt und dass gerade dies den eigentlichen Reiz Deutschlands ausmacht.“ Wieder von Schmunzeln und Raunen begleitet sagte er: „Natürlich trug auch unser reichhaltiges Angebot an Weinen und Sekten sowie unser sächsischer wie auch pfälzischer Humor und Geselligkeit wesentlich dazu bei, dass unser Stand von vielen der weit über 1000 hochrangigen Gäste förmlich belagert wurde – und dies bis spät in die Nacht, als andere Stände längst geschlossen hatten. Für mich war besonders beeindruckend zu sehen, wie Jürgen Gross dem NATO-Oberkommandierenden, US-General John Calvin, Viersterne-General Clauß und weiteren Generälen die Welt erklärte und sie mit seiner Sicht der Dinge vertraut machte.“ Große Heiterkeit im Publikum. Jürgen Gross erklärte auf Nachfrage: „Das war eine große Herausforderung. Es war zwar ein Dolmetscher dabei und ohne wäre es auch nicht gegangen, aber ich gab mir alle Mühe, auch was auf englisch zu sagen. Mein Schulenglisch war zwar weit weit weg, aber ich habe mir beste Mühe gegeben zu zeigen, dass man bei uns auch Englisch lernen konnte. Die Generäle hörten wirklich interessiert zu und es war nicht nur Small Talk und Höflichkeit.“ Mit etwas Wehmut erinnerte der Festredner daran, das ab 1991 bis zum Jahr 2008 siebzehn Mal das „Edenkobener Weinfest“ stattfand und alljährlich viele hundert Gäste aus Radeburg und Umgebung anzog. „Dass anlässlich des Weinfestes alljährlich zwischen 50 und 80 Edenkobener nach Radeburg reisten und sich in diesen Jahren viele persönliche Freundschaften entwickelten, stand vollinhaltlich im Einklang mit den Zielen der Partnerschaft unserer beider Städte,“ betonte der Redner. Letztlich war auch die Eheschließung „einer attraktiven jungen Frau aus Edenkoben mit einem recht ansehnlichen jungen Mann aus Radeburg“ krönender Ausdruck der Beziehungen.

Werner Kastner ließ nicht aus, dass in 25 Jahren „nicht alles Gold war, was zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung glänzte, oder als glänzend dargestellt wurde,“ er freue sich aber, „dass sich Radeburger und Edenkobener uneingeschränkt freuen, wenn sie sich begegnen.“ Fakt sei aber auch, dass in den letzten sechs bis acht Jahren die Partnerschaft recht leblos war. Das liege sicher an den Entfernungen, aber auch daran, dass die damals Aktiven inzwischen in die Jahre gekommen sind und die junge Generation angesichts unzähliger Probleme in Gesellschaft und Arbeitswelt andere Prioritäten setze. Edenkobens Bürgermeister endete mit den Worten: „Um so mehr bin ich Ihnen, liebe Frau Kollegin Ritter, von Herzen dankbar, dass Sie uns im September letzten Jahres in Edenkoben anlässlich unseres Weinfestes besucht haben und sich auf Radeburger Seite seither bemühen, unserer Städtepartnerschaft neuen Schwung zu verleihen. Dafür danke ich Ihnen namens der Stadt Edenkoben von ganzem Herzen, denn es ist auch unser Wunsch, dass unsere Städtefreundschaft wieder ein bisschen Fahrt aufnimmt.“ Am Nachmittag besuchten Edenkobener und Radeburger gemeinsam die Sonderausstellung zum Thema „25 Jahre Städtepartnerschaft Edenkoben/Radeburg“ im Heimatmuseum Radeburg. Das Muaseum zeigt diese noch bis 28. August 2015. Geplant war auch ein Stadtrundgang mit Stadtführerin Irene Andrä. Aufgrund der bereits deutlich über 30 Grad liegenden Außentemperaturen nahm Bürgermeisterin Michaela Ritter schon vorab Kontakt mit Frau Andrä auf und so wurde kurzerhand umdisponiert. Im kühlen Ratssaal wurde das Stadtrundgangs-Video auf die Leinwand gebracht, kurzerhand der Ton abgestellt und live von Frau Andrä kommentiert. Bei Kaffee und Kuchen und bequem sitzend konnten sich die Gäste den Rundgang auch gefallen lassen.

Das abschließende gesellige Beisammensein fand in der Grundschule Radeburg statt. Eröffnet wurde es durch einen Auftritt des JEKI-Ensembles der Radeburger Grundschule. Mit dem JEKI-Projekt, „Jedem Kind ein Instrument“ hatten die Grundschule und die Musikschule des Landkreises 2006 ein Pilotvorhaben auf den Weg gebracht, mit dem sie in Sachsen die ersten waren. Dass das Projekt, dass sich hauptsächlich an Schüler der dritten und vierten Kassen richtet, wurde durch den Auftritt eindrucksvoll bewiesen und mit großem Beifall bedacht, ebenso wie übrigens der Auftritt der Projektgruppe der beiden neunten Klassen mit dem Musical „Rock it“, das sehr beeindruckend war. Zur abendlichen Unterhaltung trug die Radeburger Band Ver- Rockt bei, die mit Rockmusik aus den 60ern und 70ern genau den Nerv der „Zielgruppe“ traf und für einen fröhlichen und stimmungsvollen Ausklang sorgte. Als Gastgeschenk hatten die Edenkobener unter anderem zwei Rebstöcke mit. Einen Weißwein- (Riesling) und einen Rotwein- (Blauburgunder)stock. Der weiße wurde noch in den Abendstunden an der Grundschule gepflanzt, der rote am Montagmorgen am Neubau der Heinrich-Zille-Oberschule.


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