Dienstag, den 02. Dezember 2014 11:59 Alter: 5 Jahr(e)

Heimatmuseum Radeburg: Die hundert Puppen der Maria Langner

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KR

In einzigartiger Weise zeigt die diesjährige Weihnachtsaustellung im Heimatmuseum ein Jahrhundert Puppengeschichte.

Über 100 Puppen besitzt Maria Langner, die sie in dieser Ausstellung zeigt.

Ja, Kinder, Frau Langner, die für Ordnung und Sauberkeit in der Zille-Schule sorgt, hat ein ganz außergwöhnliches Hobby. Bei ihr haben Puppen von Käthe Kruse, Brigitte Lehmann, Brigitte Paetsch und Pamella Erff ein Zuhause gefunden, sowie Sigikidpuppen, Hummelpuppen, Sonnypuppen, Baby Born, Puppen aus Weichplastik oder Stoff, aber auch Porzellan und sogar eine Holz...

Puppen von verblüffender Echtheit
Puppen von verblüffender Echtheit

Die Ausstellerin und ihre Gäste
Die Ausstellerin und ihre Gäste

In ihrer Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung am 30. November 2014 erinnerte Museumsleiterin Kerstin Hartmann an die wahrscheinlich bedeutendste Puppenmacherin der Welt, Käthe Kruse.

Sie war wohl die erste, die Puppen geschaffen hat, die mehr waren als nur Spielzeug. Ihre Puppen sind sind lebensechte Kinderportraits. Kerstin Hartmann ließ das Leben von Katharina Simon Revue passieren, die als Käthe Kruse berühmt wurde.

1883 geboren wuchs sie in einfachen Verhältnissen auf, nahm Schauspielunterricht und wurde als Schauspielerin recht erfolgreich. 1902 lernte sie den Berliner Bühnenbildner Max Kruse kennen und bekam mit ihm eine Tochter, das erste von sieben gemeinsamen Kindern. Insgesamt hatten sie drei Töchter und vier Söhne. 1904 fing sie an, Puppen für ihre Kinder zu basteln. Ihr Mann hatte sich geweigert, eine der damals handelsüblichen Puppen zu kaufen, da sie ihr nicht gefielen: „Ick koof euch keene Puppen. Ick find se scheißlich. Macht euch selber welche.“

1910 wurden Käthe Kruses Puppen im Berliner Warenhaus Tietz ausgestellt. Die Natürlichkeit der kleinen Geschöpfe, die ihren eigenen Kindern nachempfunden waren, machte Käthe Kruse schon bald berühmt. Zwei Aufträge aus den Vereinigten Staaten von Amerika, einer über 150 Stück, der andere kurze Zeit später über 500 Puppen, erforderten eine eigene Werkstatt mit Angestellten.

Die Familie zog 1912 von Berlin nach Bad Kösen, wo in Zukunft die bald weltberühmten Puppen in Handarbeit gefertigt wurden. In der Nazizeit hielt sie brieflichen Kontakt zu emigrierten jüdischen Freunden und weigerte sich, „halbjüdische“ Angestellte zu entlassen.

Im Zweiten Weltkrieg verlor sie zwei ihrer Söhne, 1942 starb ihr Mann, die Puppenproduktion kam wegen Materialmangels zum Erliegen. Nach dem Krieg baute sie den Betrieb zwar wieder auf, musste letzlich jedoch wegen weiterhin permanenten Materialmangels aufgeben.

1951 schied sie aus dem Betrieb aus, der zum VEB wurde. 1954 ging die inzwischen 70jährige Kruse in die Bundesrepublik. Dort hatten zwei ihrer Söhne, darunter der Kinderbuchautor Max Kruse, Werkstätten in Bad Pyrmont und Donauwörth gegründet. Nach ihren erhalten gebliebenen Modellen wurde hier wieder produziert: das heißt: immer noch handgearbeitet. Zusammen mit ihrer ältesten Tochter Maria verbrachte sie ihre letzten Jahre in München. Sie starb am 19. Juli 1968.

Der Bad Kösener Betrieb produzierte nach Kurses Weggang Plüschtiere. Zuletzt für Steiff, unter anderem „Bernd das Brot“ und „Schnappi, das kleine Krokodil“. Nach Umzug in die ehemaligen Kuranlagen wurde der Betrieb zur „Gläsernen Manufaktur“ mit der „Bad Kösener Spielzeug Erlebniswelt“ und dem Spielzeugmuseum, in dem es auch eine Käthe-Kruse-Puppenausstellung gibt.

Wem es nach Bad Kösen zu weit ist oder wer erst einmal sehen möchte, ob sich der Weg lohnt, der ist in der Ausstellung im Heimatmuseum bestens aufgehoben. Maria Langner hat ein ganzes „Puppenjahrhundert“ gesammelt – von eben jener Käthe Kruse bis zu Puppen der DDR.

Vielen Puppen liegen die Echtheits-Zertifikate bei, die jeweils die spezielle Geschichte einer jeden Puppe erzählen. Während Kinder bevorzugt mit den Puppen spielen werden, von denen einige strampeln, schreien oder nuckeln können, dürfte bei Erwachsenen das Lesen der Zertifikate für Kurzweil sorgen.

Kerstin Hartmann sagte: „Man muss den Puppen ins Gesicht schauen und erst dann versteht man, warum man so etwas sammeln kann.“ Das Heimatmuseum ist Dienstag, Donnerstag & Freitag, sowie jeden 1. und 3. Sonntag im Monat von 10.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. Leider ist, wie jedes Jahr, die Weihnachtsausstellung in der Weihnachtszeit, vom 23.12. bis zum 02.01. geschlossen. Die gute Nachricht ist, dass sie noch bis zum Januar zu sehen ist, darunter an den Sonntagen 4. und 18. Januar, sowie 1. und 15. Februar - jeweils 10 bis 16 Uhr.


 

 

 


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