Montag, den 10. März 2014 17:37 Alter: 6 Jahr(e)

Radeburger Volkskarneval: Tolle Tage in der Bunten RABUblik

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: RCC

Die RABUblik, mit dem Prinzenpaar Ilka I und Prinz Jens II an der Spitze, hielt sich unglaublich lange. Erst nach 111 Tagen kam es zum endultimativen Höhepunkt der närrischen Volksherrschaft – beim legendären Straßenumzug, der großen sächsischen Demo von Buntheit und Vielfalt.

Präsident Olaf Häßlich mit den Kindergarten-Tollitäten Nelly I und Alexander I.
Präsident Olaf Häßlich mit den Kindergarten-Tollitäten Nelly I und Alexander I.

Zirkus-bunt präsentierten sich unsere Gardemädels
Zirkus-bunt präsentierten sich unsere Gardemädels

Doch zuvor gab es wieder die zwei seit Jahren ausverkauften Marktplatz-Events. Der „überdachte Marktplatz“ macht in ganz Deutschland von sich reden und sucht seinesgleichen. Die Megaparty am Freitag und das Remmidemmi am Sonnabend vor dem Umzug waren wieder ausverkauft und wurden zum größten sächsischen Partytreff von närrischem Volk. Die Gelegenheit für so viele, sich einmal im Jahr zu maskieren und damit gleichzeitig zu demaskieren, zu zeigen wer man ist oder zumindest gerne wäre. Viele genügen sich da vollkommen selbst und freuen sich nur, unter möglichst vielen von Ihresgleichen zu sein, bemerkt zu werden und selbst zu überraschen.

Dass da vorn auf der Bühne zeitweise Programmteile laufen, „stört“ die reichliche Hälfte nicht im Mindesten und die vorn stört auch das nicht ganz geteilte Interesse wenig. Das ist halt so. Stimmung ist per se. Niemand braucht hier Animateure um in Stimmung zu kommen. Wenn Megazelt ist, ist Megastimmung. Trotzdem ist für einen immer größer werdenden Teil der Narren das Programm eine Droge, die sie zwar nicht für die Stimmung brauchen, nach der sie aber trotzdem süchtig sind. Entsprechend dicht ist das Gedränge vorn an der Bühne und die sich da tummelten kamen wieder voll auf ihre Kosten. 

Von der kleinen Schülergarde, die als illuminierte Roboter ein Augenpulver waren über die große Schülergarde, die als Schneefrauen einen letzten Gruß an den nicht stattgefundenen Winter sandten, 

über die Funkengarde die einen bunten Zirkusreigen zeigte, steigerte sich sukzessive der Sinnenrausch. Natürlich durfte auch das „schwarze Theater“ nicht fehlen – wieder eine geile Produktion unserer Narrenpolizei, die diesmal als „Unsere Partybeleuchtung“ angekündigt wurde und wieder bis in den letzten Winkel des Zeltes eine tolle optische Wirkung entfaltete. Eine „totsichere Nummer“ war der Huttanz, den schon die erste Generation der Karnevalisten zu Gerhard Ulbrichts Zeiten drauf hatte. Nackte Männer, die ihre Hüte weiterreichen – das darauf folgende Kreischkonzert der weiblichen Partyhälfte war so gewiss wie Eier zu Ostern.

Bunte Hunde, die Becherovka-Kolonne und ein Märchenpotpourri rundeten die karnevalistische Atmosphäre ab. Wenn der Sachsenspiegel statt des Umzugs lieber „Sitzungsfasching“ übertragen will, wie in anderen Bundesländern, dann wird er sicher nicht in Rabu fündig. Das ist hier was anderes, eigenes, was man nur schwer in ein Fernsehformat pressen kann. Dafür stehen dann Narren auch stundenlang nach Karten an.  

Auch der Umzug hielt in jeder Hinsicht was er versprach. Er  wurde, wie versprochen, zum wahrscheinlich buntesten Aufmarsch aller Zeiten. Kunterbunte Kühe, Buntstifte, buntes Federvieh, Clowns, Gummibären, Buntmetalle, bunte Zwerge, Schmetterlinge, Mexikaner, Blumen, Murmeln, Brillen...

Megaoberhammergeile Nummern waren dabei. Für den genialen Einfall, das bunte, traditionelle Höhenfeuerwerk in Szene zu setzen, holte sich die Umzugsgruppe Lösche erneut die größten Sympathien der Jury. Das muss aber ganz knapp gewesen sein, denn die da auf den Plätzen folgten waren absolut gleichwertig. Absolut begeistert hat die Massen die gigantische Medusa. Spitzenmäßige Kostüme und das absolut tollste Konstrukt auf diesem Umzug, dem zum Sieg vielleicht nur gefehlt hat, dass es nicht ganz das bunte Thema traf.

Aufsteiger der Saison aber war die Gruppe um Katrin Hausmann aus Freitelsdorf. Im Vorjahr hatten sie mit ihren sensationellen Augenkostümen noch knapp die Top10 verfehlt und viele hatten sie damals schon viel weiter vorn gesehen. Diesmal hat es gleich zum Sprung aufs Podium gereicht. Manche sahen die lustigen Mexikaner sogar ganz vorn. Ein Handicap vielleicht, dass die lustigen Figuren durch die breitkrempigen Hüte in ihrer vollen Pracht von der erhöhten Juryposition aus nicht richtig zu sehen waren. Die künstlerische Gestaltung der Figuren, die aufwendigen Kostüme, die Farbenpracht und die Genauigkeit, mit der das Motto reflektiert wurde, waren einzigartig. Da kann man nur sagen: Sombrero ab! Da ist eine Gruppe im Kommen, die den alteingesessenen Spitzenteams Konkurrenz macht, wenn man das mal so sagen darf. Die Gruppen betonen ja selbst immer wieder, dass Dabeisein alles ist, aber die Ehrung ist schon auch was Schönes!

Die Legomännel der Reiko-Lehmann-Gruppe aus Berbisdorf waren auch etwas ganz Besonderes. Nicht einfach uniforme Männel sondern Radeburger Leute in Lego. Handwerker, Gärtner, Geschäftsführer, Hausfrau... Leider hatten die Kostrümträger vorher nicht getestet, wie es sich mit „Klotz am Bein“ läuft, denn dann hätten sie die sprichwörtliche Behinderung, die den Umzug in zwei Teile riss, sicherlich vermieden. Die wartenden Zuschauer wurden aber mit einem grandiosen Bild belohnt, das bunte Rathaus, eine Nachbildung des Radeburger Originals, war das Sahnehäubchen, das der bunten Truppe viele Punkte bescherte. Spitzenklasse!

Trommelnd und bunte Flagge(n) zeigend zog die Gruppe Conny Ottlinger von Rödern auf den fünften Platz. Wenn man die Plätze 1 bis 5 getauscht hätte, wäre es immer noch ein gerechtes Ergebnis gewesen. So dicht war die Spitze diesmal. Und getrost kann man auch die Gruppe um Ex-Prinzessin Gabi Lißner mit einbeziehen, die auch nicht nachlässt und Jahr für Jahr ein Top-Umzugsbild kreiert, auch wenn ihr diesmal beim Würfeln ums Glück selber das Glück für eine Top-Platzierung fehlte. 

Mit Brillenschlangen beeindruckte die Gruppe um Frank Grütze aus Ebersbach ebenso wie die bunten Schmetterlinge um Sebastian Bertram aus Rödern. Es tut einem schon fast Leid, nicht auch die konfettibunte Truppe um Sylvia Wachtel (Platz 9) nicht zu erwähnen oder die buntesten Mücken, die man je gesehen hat (Gruppe Christina Angermann – Platz 11)

Die Gruppe Micha Mösch, im Vorjahr mit den „Blitzerschweinen“ eine Art Publikumsliebling, gab diesmal an die RABUblik eine alkaidamäßige Bombendrohung ab. Mit einer gekaperten (Alk-)AIDA schipperten die Osamas und Suleikas gen Festzelt. Bei den meisten Zuschauern sorgten sie mit ihrer erneut fernsehreifen „Choreo“ für Bombenstimmung. Allerdings fand das, dem Vernehmen nach, mindestens ein Jurymitglied nicht lustig, wodurch das tolle Schiff nicht ins Top-10-Ziel traf.

Buntstifte gab es gleich vier Mal. Von denen kamen die aus Ebersbach auf Platz 14, die Tobias-Hübler-Truppe auf Platz 16, die Schönfelder auf Platz 22 und die am Umzugsende im Zuschauerstrom vielleicht etwas untergegangene Gruppe aus Wachau auf Platz 28. Mit ihrem „voll funktionsfähigen Spitzer“ waren die Ebersbacher im internen Buntstiftduell aber tatsächlich die besten.

Schon fast leid kann einem die Gruppe Uwe Merkwirth aus Ebersbach tun, die sich wunderbar selbst auf die Schippe nahm mit dem Motto „30 Jahre ohne Scheiß, mit viel Mühe und keinem Preis.“ sind die langgedienten Teilnehmer noch nie auf eine Topplatzierung – diesmal 14.  – gekommen . Sie verglichen sich mit den Bobs aus Jamaika, denen das wohl genauso geht und die trotzdem immer wieder antreten. Die Nummer hat im Umzug für eine unterhaltsame Auflockerung gesorgt und wenn es einen Trostpreis gäbe, dann hätten sich diese Jungs einen verdient.

Aber wer eigentlich nicht? Sicher ist so mancher gram, der mit viel Liebe zum Detail und einem Wahnsinnsaufwand an am Ende bei der Platzierung nicht dort gelandet ist, wo er gehofft hatte. Es braucht dann sicher immer etwas Zeit, um dankbar zu sein. Dankbar für den Freundeskreis, den man um sich hat, um das gemeinsame Feiern. Dankbar für den Jubel der diesmal 35 000 Zuschauer (Polizeiangabe), dankbar für den Verein mit dem Ole an der Spitze, der das möglich macht – und für alle die, die das in zweiter, dritter, vierter Reihe möglich machen – von toleranten Marktanwohnern über unbürokratische Behörden, die Feuerwehren, Polizisten, Mediziner, Eintrittkassierer bis hin zur Putzkolonne der Grundstückseigentümer. Nur gemeinsam ist möglich, dass es gemeinsam Spaß macht. So freuen wir uns schon auf dem 11.11.14. 

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