Dienstag, den 25. März 2014 15:40 Alter: 6 Jahr(e)

Radeburgs Waldschlösschenbrücke

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

... nannte sie einst Altbürgermeister Dieter Jesse. Ganz so dramatisch wie in Dresden ist es um das kleine Brückenbauwerk Heidestraße Großdittmannsdorf nicht bestellt, aber es gibt durchaus Parallelen.

Blick von der Heidestraßenbruecke auf die Furt beim Hochwasser 2010. Hier bildete die Brücke wie schon bei Hochwässern früherer Jahre ein Hindernis, das das Wasser anstaute.
Blick von der Heidestraßenbruecke auf die Furt beim Hochwasser 2010. Hier bildete die Brücke wie schon bei Hochwässern früherer Jahre ein Hindernis, das das Wasser anstaute.

Stadtrat Bernd Schmiedgen erinnert sich an das Jahr 1999: "Das weiß ich noch genau, da saßen wir noch im alten Ratssaal oben im Rathaus, da hörte ich das erste mal von der Heidebrücke in Großdittmannsdorf." Ein Jahr später, im November 2000 gab es den spektakulären 1. Spatenstich von OB Herbert Wagner zur Waldschlösschenbrücke. 

Was die beiden gemeinsam haben? Auf den ersten Blick nicht viel. Die eine ist 60 Meter breit, die andere 635 Meter. Die eine sollte nach erster Schätzung 600 Tausend DM (300 T€) kosten, die andere 157 Millionen Euro. Die eine kostet nach letzter Planung wohl fast 1,1 Millionen Euro, die andere hat - kurz vor Vollendung - bereits 182 Millionen Euro verschlungen.

Aber da beginnen schon die Gemeinsamkeiten: die Anfangs geschätzten Kosten werden bei beiden um Größenordnungen übertroffen. Die planerischen Ziele werden sachlich und terminlich mehrfach verfehlt. Der Genehmigungsprozess wird durch wiederholte Änderungen von Gesetzen und Richtlinien und bei der Vergabe von Fördermitteln immer wieder unterbrochen. Das unbestrittene Mitspracherecht der Bürger wird grotesk überstrapaziert und verursacht immer noch höhere Kosten und einen immer weiteren Bauverzug. Da sich solche Fälle würdig einreihen hinter Leipziger Citytunnel, Stuttgart 21, Flughafen Berlin-Brandenburg, sollte es an der Zeit sein, dass die Mechanismen, die hinter solchen Fehlentwicklungen stecken und in Größenordnungen Volksvermögen vernichten, aufgedeckt werden und die Politik zu Regelungen veranlasst, die derartiges verhindert. Ein erster Schritt wäre, gesetzlich festzuschreiben, dass eine Planung, die zum Zeitpunkt X genehmigungsfähig ist, Bestandsschutz erhält, auch wenn - aus finanziellen oder anderen Gründen - erst zum Zeitpunkt Y gebaut wird - mit sehr hohen Hürden für Ausnahmen. Dann stünde zumindest die Heidebrücke wahrscheinlich jetzt schon einige Jahre. Ein Rückblick:

In besagtem Jahr 1999 wurde im Rahmen einer routinemäßigen Brückenprüfung festgestellt: "Die Straßenbrücke im Zuge der Heidestraße über die Große Röder in Großdittmannsdorf entspricht nicht mehr den verkehrstechnischen, bautechnischen und wasserrechtlichen Anforderungen."

Das Brückenbauwerk wurde vom Stadtrat damals als dringend eingestuft und deshalb unverzüglich ein Planungsbüro mit der Planung einer neuen Brücke beauftragt. "Fehlte sie, wäre ein Umweg von 12 Kilometern in Kauf zu nehmen," hieß es damals im RAZ[1] In der Sitzung des Technischen Ausschusses vom 4.4.2000 stellte das Planungsbüro die Ist-Situation vor. Weiter hieß es: 

Die Widerlager der jetzigen Brücke, die kein „ordentliches“ Fundament haben, sondern vermutlich auf Holzpfählen stehen, sind von einer „betonzersetzenden Substanz“ stark beschädigt worden. Da diese Substanz nicht das Röderwasser ist, wird sie im Grundwasser vermutet. Wie eine solche Substanz ins Grundwasser gelangen kann, ob diese Substanz langfristig wirkt und weitere Schäden verursachen kann und ob sie natürliche oder strafrelevante Ursachen hat, wurde nicht weiter vertieft. Jedenfalls macht der Grad der Beschädigung im Verein mit fehlenden Fundamenten unter heute gültigen Sicherheitsaspekten den Neuaufbau der Brücke unerläßlich. Die künftige Brücke soll etwa 6 Meter breit sein, also einen Meter breiter als die bisherige, eine vier Meter breite Fahrbahn besitzen und damit Begegnungsverkehr von Pkw ermöglichen. Es soll kein Fußweg gebaut werden, jedoch sollen Fußgänger beiderseits auf einen etwa 50 cm Breiten Bord ausweichen können. Durch die Verbreiterung der Brücke erfolgt eine Verschiebung nach Süden, weshalb Grunderwerb notwendig wird. Die Brücke wird künftig 30 Tonnen tragen können. Der Pfeiler in der Flußmitte entfällt, was die Durchlassfläche vergrößert und die Risiken bei Hochwasser verringert. Dadurch wird die neue Brücke „Q100-sicher,“ das heißt, daß sie auch bei einem sogenannten „Jahrhunderthochwasser“ nicht überspült wird. Während der auf 5 Monate veranschlagten Bauzeit wird es eine Behelfsbrücke für Fußgänger auf Höhe der Furt geben. Die Behelfsbrücke wird 15 TDM kosten. Eine Behelfsbrücke für Autos würde 50 TDM kosten, weshalb der Stadtrat darauf verzichten will. Wichtig wäre, daß die Furt für Einsatzfahrzeuge passierbar bleibt, dann dürften sich die 5 Monate trotz der erheblichen Umleitung für die Anlieger verschmerzen lassen.

Nur einen Monat später konnten wir vermelden: "Brücke in Dittsdorf bis Jahresende fertig"[2] Etwa 600 000 DM sollte der Neubau kosten und der Bau unverzüglich beginnen. Die Brücke wurde durch die Stadtverwaltung zum Sonderprogramm Straßenbau angemeldet - kam jedoch überraschend nicht zum Zuge. Andere Behörden sahen andere Prioritäten und so begann das Drama. Die fünfmonatige Bauzeit hat auch nach 13 Jahren noch nicht begonnen, trotz erwiesener Wichtigkeit. Eine Tonnagebegrenzung auf 12 Tonnen sollte es vorerst auch tun. 

Verheerend wirkte sich aus, dass Radeburg auch 2001 und 2002 vertröstet wurde - denn dann kam das Augusthochwasser und alle Brückenplanungen mussten erneut auf den Prüfstand. Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und die Einordnung als FFH-Gebiet schufen immer neue Rahmenbedingungen, die bei den Planungen zu berücksichtigen waren und die schon bezahlten Pläne Makulatur werden ließen. Ein Ingenieurbüro wurde mit einer - vorher unnötigen - Standortstudie und einer so genannten Wasserspiegellagen-Berechnung beauftragt, die den neuen Maßstäben Rechnung tragen sollte. Erst 2006 konnten die Ergebnisse dieser Studie den Anwohnern vorgestellt werden. Dem in Dresden vorgelebten "Beispiel" folgend bestimmte von nun an vor allem ein Faktor den weiteren Ablauf: Uneinigkeit.

Das Büro "entdeckte" die in der Nähe der Brücke liegende Furt, durch die bis zum sowjetischen Truppenabzug 1993 Panzer rollten. Hier war mehr Platz für einen Ersatzbau als am derzeitigen Standort. Alle Fachbehörden von der  Landestalsperrenverwaltung bis zum Verkehrsamt begrüßten diese Variante und auch die Mehrheit der Anwohner fand den Vorschlag gut. Dort, wo einst die Panzer durch die Furt preschten, würde man in den anliegenden Gärten nun von "Verkehrslärm" auf der Brücke belästigt, hieß es. Lärmverursacher wären aber eigentlich nur die Anwohner der Heidestraße selbst. Trotz der nur sehr einzelnen Widersacher legte die Stadt die Idealvariante "Furt" beiseite. Sie hätte ja auch noch 250 Quadratmeter Land ankaufen müssen und ließ, statt dies zu tun, noch einmal die Variante am ursprünglichen Standort planen. Doch nach den neuesten Vorgaben müsste die neue Brücke 70 bis 80 cm höher sein als die alte. Die unmittelbaren Anwohner an der Brücke hätten dann den Verkehr quasi "auf Augenhöhe" und außerdem wäre auch eine direkte Zufahrt von der Brücke ins Grundstück nicht mehr möglich gewesen. 

Die Anwohner sagen heute: mit ihnen hätte man jederzeit reden können und kritisierten das "teilweise arrogante Auftreten der Verwaltung". Man habe lieber Planfeststellungsverfahren rechtlichen Konsequenzen gedroht und damit, die Brücke ganz abzureißen, womit die Zufahrt zur Heidestraße nur noch über Medingen möglich sei. [3]

Mit Maximalkompromissen in Breite und Ausführung der Brücke ist nun eine erneute Variante an Stelle der jetzigen Brücke auf dem Tisch. Die Landestalsperrenverwaltung und das Kreisumweltamt haben der "zweitbesten Lösung" bereits zugestimmt. Die Stadt wird nun nur 80 m² Grunderwerb tätigen müssen, was Kosten einspart. Die Gesamtkosten aber steigen auf besagte 1,1 Millionen Euro, inklusive Behelfsbrücke durch die Furt. Die Bauzeit soll nun doppelt so lang sein wie ursprünglich geplant - 10 Monate.

Bürgermeisterin Michaela Ritter informierte den Stadtrat dann in seiner Sitzung am 1. Juli 2013 über den Planungsstand und darüber, dass sie die Brücke zur Förderung aus dem Hochwasserschutzprogramm angemeldet hat, für welches Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) zur Verfügung stehen. Das Programm lief zwar Ende des Jahres aus, aber sie hoffte trotzdem, noch  Mittel aus diesem Topf bekommen zu können.

Das hat funktioniert. Radeburg konnte Mitte Februar den ersehnten Fördermittelbescheid erhalten. Reichlich die Hälfte der Gesamtkosten von rund 1,1 Millionen Euro sind Fördermittel. Der Radeburger Stadtrat bevollmächtigte in seiner Sitzung am Donnerstag, dem 20. März, den Technischen Ausschuss, den Zuschlag für den günstigsten Anbieter zu erteilen. Separat sollen Bauleitung und Bauüberwachung vergeben werden. Anfang Mai mit dem Bau der Behelfsbrücke in der neben dem Bauwerk liegenden Furt begonnen werden. Nach dessen Inbetriebnahme folgen Abriss der alten und Neubau der Ersatzbrücke. Bleibt zu hoffen, dass der Bau ohne böse Überraschungen planmäßig verlaufen kann.

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