Donnerstag, den 24. September 2015 10:52 Alter: 4 Jahr(e)

Regionalplanentwurf: Radeburg nimmt Ebersbach den Wind aus den Segeln

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: K.KROEMKE

Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz waren Windkraftanlagen so genannte „privilegierte Vorhaben“. Danach konnten solche Anlagen nahezu überall errichtet werden. Um dem Wildwuchs vorzubeugen, hatte der regionale Planungsverband so genannte „Vorranggebiete Windenergie“ ausgewiesen. Ein solches wurde auch die Rödernsche Heide. Der Gemeinderat von Ebersbach befürwortete das. Daraufhin formierte sich Bürgerinitiative „Gegenwind“ und läuft seit dem dagegen Sturm. Die Nachbarkommunen lehnen das Gebiet ab. Durch einen überarbeiteten Regionalplanentwurf kommt das Thema nun wieder auf dem Tisch.

So wären ca. 200 m hohe Windräder von Radeburg aus zu sehen - Montage: A.Lien
So wären ca. 200 m hohe Windräder von Radeburg aus zu sehen - Montage: A.Lien

Der ganze Planungsbereich ist Tabu-Zone, wenn es nach der 10H-Regelung geht. Der Regionalplanentwurf sucht einen Kompromiss (gelbe Flächen) - Grafik: RPV  - Bearbeitung A.Lien
Der ganze Planungsbereich ist Tabu-Zone, wenn es nach der 10H-Regelung geht. Der Regionalplanentwurf sucht einen Kompromiss (gelbe Flächen) - Grafik: RPV - Bearbeitung A.Lien

Vor einem Jahr stimmte der Bundesrat einer Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB) zu, wonach nun Windkraftanlagen nicht mehr als privilegierte Bauvorhaben quasi überall möglich sind und die Länder bezüglich der Abstände zur Wohnbebauung restriktiver sein können. Der Freistaat hatte hierzu gemeinsam mit Bayern eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet. Der damalige Staatsminister Sven Morlok (FDP) sagte:

„Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn sie die Interessen der Bürger vor Ort berücksichtigt. Das pauschale Vorrecht für Windkraftanlagen passt dazu nicht. Sachsen wird den nun gewonnenen Handlungsspielraum nutzen und zügig eine entsprechende landesweite Regelung treffen, die regionale und lokale Gegebenheiten berücksichtigt – und vor allem die Belange der Anwohner“, so Morlok damals. Er wollte die so genannte 10H-Regelung einführen. Da die Windkraftanlagen immer höher werden, sieht diese Regelung vor, dass der Abstand zur geschlossenen Wohnbebauung dem 10fachen der Gesamthöhe (einschließlich Rotorblätter) entsprechen soll.

Die FDP als sächsischer Vorreiter dieser Regelung wurde bei den letzten Landtagswahlen abgewählt und ein entsprechendes Gesetz lässt seit dem auf sich warten. Morlok selbst braucht nun auch nicht mehr erklären, dass bei Einführung der 10H-Regelung als so genanntes „weiches Tabukriterium” Sachsens Handlungsspielraum gegen Null tendiert. Der aktuell in der öffentlichen Auslegung befindliche Entwurf der 2.Gesamtfortschreibung des Regionalplans führt dazu aus, dass bei Anwendung der 10H-Regelung und damit mindestens einem „2000m-Abstand von jeglicher Wohnbebauung in der Plaungsregion keine Fläche für die Windenergienutzung zur Verfügung stehen. Damit könnte der landesplanerische Auftrag, eine abschließende Planung der Windenergienutzung durch die Festlegung von Vorrang- und Eignungsgebieten zu realisieren, nicht erfüllt werden.” Der Regionalplanentwurf sucht einen Kompromiss. Die in der Abbildung grün gezeichneten Flächen kennzeichnen diese so genannten „harten Tabu-Zonen”, für die 20 verschiedene Kriterien erarbeitet und dargestellt wurden. Diese reichen von Natur- und anderen Schutzbelangen über Siedlungsflächen und deren Schutzabstände (400 bis 800 m), andere Infrastruktureinrichtungen (Abbaugebiete, Straßen, Schienentrassen, Leitungstrassen, Flugplätze und deren Schneisen) bis hin zu Flächen, die wegen Windarmut nicht in Frage kommen. Die verbleibenden gelben Flächen wären, stark vereinfacht gesagt, die aktuelle „Verhandlungsmasse”, die nur zur Verfügung steht, wenn die 10H-Regelung keine Anwendung findet.

Der vorliegende Regionalplanentwurf geht auf die grundsätzliche Forderung von Bürgerinitiativen ein, dass Windkraft über Waldflächen zu den harten Tabukriterien gehört. Als Ausnahme lässt er aber gelten: „Waldbestand ... bei unmittelbarer Lage an Gebiet mit technogener Vorbelastung (Autobahn, Gewerbe/Industrie, genehmigungsbedürftige Anlage gemäß § 4 Abs. 1 BImSchG) sowie vorhandenem Wegenetz.” Eine solche, an der Autobahn liegende, technogen vorbelastete und nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigte Anlage ist die Hühnerfarm in der Rödernschen Heide („Waldrose”), die so, trotz Wald, eine Chance hätte, die eine klare Ebersbacher Gemeinderatsmehrheit gern ergreifen würde. Allein der Lärm der Autobahn erzeugt einen vielfach höheren Schalldruck als die Windräder, so dass in dieser Hinsicht keine stärkere Belastung der Anwohner zustande käme, sind sich Windkraftbefürworter sicher.

Die betreffende Fläche ist in der Karte rot umrandet. „Hier geht es um ein vernünftiges Maß, bei allem Verständnis. Wir wollen uns ja keine neuen Schlösser bauen,” betont Bürgermeisterin Margot Fehrmann. „Der Gemeinderat möchte, sollte sich die Möglichkeit ergeben, diese nutzen, um seine kommunalpolitischen Aufgaben wie den Winterdienst, die Jugend- und Seniorenklubs, Erhalt der örtlichen Straßen und Brücken und so weiter besser oder schneller lösen zu können. Wir haben kein nahes Gewerbegebiet wie die Nachbarkommunen. Deshalb sind die Möglichkeiten der Generierung von Erträgen begrenzt.“

Mit dieser Problemlage wenig Mitleid haben die Nachbargemeinden. Tauschas Zukunft ist durch Zusammenschluss mit Thiendorf gesichert, denn Thiendorf hat zwei große Gewerbegebiete. Schon zu Zeiten von Bürgermeister Christian Creutz hat der dortige Gemeinderat angesagt, dass er Windkraftanlagen wegen der Nähe des Naherholungszentrums Brettmühlenteich nicht hinnehmen will. Auch die Stadt Radeburg ist durch ihr erst kürzlich erweitertes Gewerbegebiet wirtschaftlich gesichert. In der Stadtratssitzung vom 10. September 2015 haben nun auch die Radeburger Räte einen Beschluss gefasst, auf der Durchsetzung der 10H-Regelung ohne Ausnahmen zu bestehen und die im Regionalplanentwurf vorgesehene „Differenzierung bei den Mindestabständen” abzulehnen.


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