Kiesabbau in der Region

Achtung! Lichtbildervortrag der Bürgerinitiative zu diesem Thema!

Bergbaufolgelandschaften erhöhen Landschaftsqualität


Seit Ausgabe 99/12 berichteten wir im Radeburger Anzeiger mehrfach über die Problematik Kiesabbau, unter anderem auch Beiträge von Bürgerinitiativen. "Auditur et altera pars," sagte schon der römische Dichter Seneca. "Höre auch die andere Seite!" Um zu einer objektiven Beurteilung der Vorgänge in der Laußnitzer und Radeburger Heide zu kommen, sollte, da sie es anbietet, auch die andere Seite gehört werden. In unserem Falle das Kieswerk Ottendorf-Okrilla. "Wir wollen langfristig mit Naturschutz und Bürgerinitiativen zusammenarbeiten. Dazu wollen wir zeigen, daß Bergbau nicht nur in der Inanspruchnahme von Natur besteht, sondern daß wir Bergbaufolgelandschaften schaffen, deren Qualität teilweise sogar höher ist als die vorherige," erklärt Herr Lindner, technischer Prokurist des Kieswerkes.
Dem Radeburger Anzeiger lag in den Ausgaben der Gemeinde Tauscha mit den Ortsteilen Dobra, Kleinnaundorf und Würschnitz sowie der Stadt Radeburg mit Großdittmannsdorf das Prospekt "Kiestagebaue und Natur aus zweiter Hand" bei, den das Kieswerk herausgegeben hat.
Dazu liegen jetzt Wortmeldungen vor, die wir an dieser Stelle veröffentlichen.

Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Thema.

„Natur aus zweiter Hand“ kein Ersatz für Moorflächen

Eine bunt bebilderte Hochglanzbroschüre des Kieswerkes Ottendorf-Okrilla wirbt nun für die Erweiterung des Kiesabbaues in der Laußnitzer Heide. Text und Fotos sollen glauben machen, wie wertvoll doch die von den Baggern hinterlassene Landschaft sein wird. Abgesehen davon, daß der abgebildete "Grasfrosch" eine Erdkröte ist und das "Leimkraut" Leinkraut (oder Frauenflachs) heißt, handelt es sich bei den abgelichteten Pflanzen wie Johanniskraut, Ginster, Silbergras, Rohrkolben um Allerweltsarten, die weit verbreitet und vielerorts sogar häufig zu finden sind. Die Artenvielfalt des "unmittelbar westlich des Tagebaues" gelegenen Naturschutzgebietes "Moorwald am Pechfluß" besteht gegenwärtig nur deshalb, weil eben der Kiestagebau sich noch (!) in respektabler Entfernung hält. Verschwiegen wird tunlichst, was eigentlich auf dem Spiele steht: 9 km2 (!) Waldfläche (wobei die sächsische Staatsregierung doch eigentlich den Waldanteil in Sachsen erhöhen will) und hervorragende Naturobjekte wie der bereits genannte Moorwald am Pechfluß Medingen, die Waldmoore Großdittmannsdorf, der Töpfergrund. Selbst wenn der Kiesabbau diese Flächen nicht direkt berühren sollte, so hätte die Kiesabbaggerung in unmittelbarer Nähe für die Moorbiotope vernichtende Störungen des Wasserhaushaltes zur Folge. Die vom Kieswerk versprochene "Natur aus zweiter Hand" wiegt die Verluste in keiner Weise auf. Baggerseen, Ödland (Sukzessionsflächen) und Waldanpflanzungen können über all entstehen, auch auf Äckern. Das zeigen die in vielen Teilen unseres Landes entstandenen Restlöcher und stillgelegten Tagebaue. Die Wälder und vor allem die Moore der Laußnitzer Heide hingegen sind Unikate, die weit und breit ihresgleichen suchen. Hier lebende seltene Tier- und Pflanzenarten sind für Sachsen und ganz Deutschland von Bedeutung. Sonnentau, Kreuzotter, Rauhfuß- und Sperlingskauz, bestimmte Libellen- und Wasserkäferarten überleben den Kiesabbau eben nicht und werden sich auch nicht wieder ansiedeln! Ebenso wenig wie die Moore und Moorwälder, die Jahrtausende zu ihrer Entstehung benötigten, die zu den gefährdetsten und seltensten Biotoptypen in Mitteleuropa gehören und deren Flächenanteile sich in Sachsen im Promillebereich bewegen. Sorgen wir dafür, daß sie der Nachwelt erhalten bleiben, indem wir die vom Kiesabbau bedrohten Flächen reduzieren und die besonders sensiblen Bereiche gänzlich aussparen.


Dr. Olaf Bastian, Boxdorf, TU Dresden (mehr Beiträgeund Links von Dr. Bastian hier)

Moore müssen erhalten bleiben

„Zu den verbliebenen Inseln natur-naher Lebensräume, in denen sich teilweise natürliche Strukturen erhalten haben und Vorgänge ablaufen, deren Anfänge Tausende von Jahren zurückliegen, gehören die Moore“ (Dr. Slobodda).
1998 beschäftigte sich eine von mehr als 140 Teilnehmern besuchte Fachtagung über die “Waldmoore und Moorwälder in der Radeburger und Laußnitzer Heide“ mit den Zielkonflikten zwischen Kiesabbau und Naturschutz. Das Kieswerk Ottendorf-Okrilla folgte der Einladung der Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf und beteiligte sich mit einer Ausstellung und einem Vortrag. Im 1999 erschienenen Tagungsband ist hierzu u.a. vermerkt: “Herr Jenichen (Kieswerk Ottendorf-Okrilla) hat in seinem Vortrag zurecht auf die hohe Arten-und Biotopvielfalt einer Kiesgrube verwiesen... Kies- und Schotterflächen, Tagebau-Restgewässer und steile Kieswände sind wertvolle Lebensräume für geschützte Tiere und Pflanzen. Als trockenwarme und oft gewässerreiche Sekundärlebensräume können sie jedoch nicht die in Jahrtausenden gewachsenen Moore als Lebensraum einer hochgradig gefährdeten und spezialisierten Fauna und Flora ersetzen.“
Natürlich ist Herrn Lindner, technischer Prokurist des Kieswerkes, zuzustimmen, dass eine Bergbaufolgelandschaft auch eine höhere Qualität haben kann als die vorherige. Eine solche Biotopbereicherung ist z.B. auf Ackerflächen möglich. Alte Waldstandorte sind aber höherwertige Biotope, die nicht ohne weiteres beseitigt werden sollten.
Fatal ist der Irrtum, wenn man Glauben macht, dass naturnahe Waldmoore, Moorgewässer, Moorwälder und Quellbereiche durch einen naturfernen Lebensraum “Kiesgrube“ ersetzt, geschweige denn verbessert werden können. Moorbiotope gehören zu den gefährdetsten und seltensten Biotoptypen in Mitteleuropa und Deutschland. Wegen ihrer besonderen hydrogeologischen und klimatischen Bedingungen sind sie - einmal zerstört - nicht auszugleichen oder zu ersetzen. Für ihr Schwinden als Lebensraum moorspezialisierter Tiere und Pflanzen wird in der aktuellen Moor- und Naturschutzliteratur insbesondere auch der Rohstoffabbau verantwortlich gemacht. Leider weicht die Beilage “Kiestagebaue und Natur aus zweiter Hand“ diesem Spannungsfeld aus. Sie geht am Thema vorbei, wei1 die Neuauskiesungspläne innerhalb und im nahen Umfeld von Moor-Naturschutzgebieten nicht vorgestellt und bewertet werden.

Matthias Schrack (Links hier)

Klima- und Gewässerschutz muß Priorität haben

Die Mitglieder der Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf tragen zur Beilage „Kiestagebaue und Natur aus zweiter Hand“ (Stand 09/2000) des Kieswerkes Ottendorf-Okrilla folgende Auffassung vor:
1. Die beiden vorgestellten Kiestagebaue „Laußnitz 1“ und „Würschnitz“ sind genehmigte Abbauflächen.
Diese Kiesfelder ermöglichen noch für Jahrzehnte den sozial und wirtschaftlich verträglichen Kiesabbau in der Region. Letztlich ist jedoch jedes Rohstoffvorkommen einmal erschöpft: entweder bei vollständiger Ausbeutung oder wenn Belange des Gemeinwohls entgegenstehen.
2. Strittig sind die Abbaufelder „Laußnitz 2“ und „Radeburg“, zu denen in der Beilage keine Angaben gemacht werden. Ein Abbau in diesen Waldbereichen hätte die unwiederbringliche Zerstörung von Mooren, Moorwäldern und Moorgewässern nährstoffarmer Standorte zur Folge. Die Fachwelt weiß: Solche Moore sind nicht ausgleichbar oder ersetzbar.
3. Förderlich für eine objektive Bürgerinformation wäre die kartenmäßige Darstellung
- aller bestehenden und geplanten Kiesabbauvorhaben des Kieswerkes in der Radeburger und Laußnitzer Heide und
- der ausgewiesenen NSG „Moorwald am Pechfluß bei Medingen“ und „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“ sowie des im Regionalplan der Planungsregion „Oberes Elbtal/Osterzgebirge“ geplanten Schutzgebietes „Töpfergrund Radeburg“.
Nur auf dieser Grundlage kann sich jeder Leser ein objektives Bild von den neu geplanten großräumigen Eingriffen in die Waldlandschaft zwischen Ottendorf-Okrilla - Würschnitz -Radeburg - Großdittmannsdorf - Medingen auf einer Waldfläche von insgesamt 900 ha machen!
4. Völlig unbeachtet bleibt in der Beilage der Raumordnungsbeschluss der höheren Raumordnungsbehörde vom April 2000 zum Abbaufeld „Laußnitz 2“. Dieser Beschluss liegt in den Städten/Gemeinden vor. Die Schutzgüter „Naturschutz, Klima-, Grundwasser-, Waldschutz, Erholungsfürsorge“ wurden gegenüber dem Kiesabbau höher bewertet. Der vom Kieswerk beantragte Abbau von etwa 30 ha Waldfläche innerhalb des NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“ sowie der großen Waldfläche zwischen den NSG fand fachlich keine Akzeptanz und stieß auf Ablehnung. Für die noch verbliebene mögliche Abbaufläche südwestlich der Straße Würschnitz - Ottendorf-Okrilla soll das Kieswerk im bevorstehenden Planfeststellungsverfahren den Nachweis erbringen, dass bei einem Abbau in diesem Bereich keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen in den NSG eintreten.
5. In der Sächsischen Zeitung vom 7. März 2000 beklagt der Industrieverband Steine-Erden einen starken Umsatzrückgang. Insgesamt sank die Fördermenge von Sand und Kies in den vergangenen sechs Jahren um 60 Prozent. Die ausgereichten Bewilligungen für den Kiesabbau sicherten bereits 1995 den Rohstoffbedarf der sächsischen Wirtschaft für die nächsten 100 Jahre (Information des SMU auf dem Naturschutztag in Meißen 1995). Es ist daher nicht einzusehen, dass ohne wirtschaftliche und soziale Not gereifte Waldstandorte auf 9 km2 neu ausgekiest werden sollen, wo doch andererseits in weniger sensiblen Landschaftsräumen (z.B. im Bereich ertragsschwacher Acker) aktuell ausreichend Kiessande abgebaut werden.
6. Die Zukunfts- und Daseinsvorsorge hat den Freistaat Sachsen bewogen, die Waldfläche Sachsens von derzeit 27 % auf 30 % zu erhöhen. Mit Fördermitteln der Europäischen Union werden Erstaufforstungen gefördert. Eine Waldabholzung in der beantragten Dimension stünde diesen Bemühungen entgegen. Dem Erhalt der reich strukturierten Alt-Wald-standorte in der Umgebung unserer Heimatorte ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen, weil sie ein bedeutendes Erholungspotential und eine hohe Lebensraumqualität für geschützte und jagdbare Tiere und Pflanzen aufweisen. Außerdem ist im vorbelasteten Umfeld der Landeshauptstadt Dresden dem Klima- und Grundwasserschutz ein hoher Stellenwert beizumessen.

Weitere Fach- und Sachinformationen: Tagungsband „Waldmoore und Moorwälder in der Radeburger und Laußnitzer Heide“

Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf (Links hier)

Seltene Arten akut gefährdet

Seit 1999 beschäftige ich mich mit Schmetterlingen und Libellen des Töpfergrundes in der Radeburger Heide. Mir ist dabei diese Landschaft bekannt geworden und ans Herz gewachsen. In diesem Jahr ist mir z.B. in einem torfmoosreichen Moorgraben der zweite Nachweis der Arktischen Smaragdlibelle im ostdeutschen Tiefland gelungen. Diese in der BRD und in Sachsen vom Aussterben bedrohte Libellenart ist auf intakte Moosmoore spezialisiert. Weil solche Biotope in Mitteleuropa sehr selten geworden sind, gilt diese Großlibelle als stark gefährdet. Ihre Larven leben 3-4 Jahre zwischen den von Wasser durchströmten Torfmoospflanzen. Geringste Wasserabsenkungen im Zentimeterbereich bewirken das Trockenwerden der Lebensstätte und den Tod der Larven.
Deshalb bin ich sehr dafür, Kiesstandorte dort neu zu erschließen, wo bundesweit gefährdete Moorbiotope unbeeinträchtigt bleiben. Der Wald zwischen Würschnitz und Töpfergrund schützt und speist diese nährstoffarmen Moore und ist mit seinen vielen Heidel- und Preißelbeeren ein sehr vitaler Wald, im Gegensatz zu den Aufforstungsflächen z.B. der ehemaligen Braunkohlentagebaue. Die Radeburger Heide ist auch wichtig für unsere Lebensgrundlagen: gesunde Luft, sauberes Wasser auch für unsere Kinder und Erholung für alle, die den ruhigen Kleinnaundorfer und Würschnitzer Weg nutzen, um ins schöne Kleinnaundorfer und Würschnitzer Teichgebiet zu gelangen. Übrigens: Die Beilage des Kieswerkes ist für eine Diskussion wenig hilfreich. Wo ist die Bedeutung der Wälder und Moore gewürdigt, wo der Wille des Kieswerkes, selbige zu erhalten? Leider fehlt der Karte sogar die Signatur „Wald“. Wurde sie bewußt weggelassen?

Uwe Stolzenburg

Einladung zum Farblichtbildervortrag
"Flächengrößter sächsischer Kiesabbau in unserer Region"

Die langjährigen Mitarbeiter im staatlichen Naturschutzdienst der Landkreise Kamenz und Meißen Dieter Opitz (Ottendorf-Okrilla), Matthias Schrack (Großdittmannsdorf) und Holger Uhlich (Dresden-Weixdorf) informieren über Chancen und Risiken des Kiesabbaus aus naturschutzfachlicher Sicht.
Der Vortrag beginnt am Dienstag, 28. November 2000 um 19.30 Uhr im ehemaligen Filmtheater Medingen (neben der Kirche Medingen).
Eingeladen sind alle interessierten Bürger, vor allem aus den vom Kiesabbau betroffenen Ortschaften Großdittmannsdorf, Medingen, Ottendorf-Okrilla, Radeburg und Würschnitz. Eintritt frei.

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